Text:   Zeichner: James Stokoe

Aliens: Dead Orbit

Aliens: Dead Orbit
Aliens: Dead Orbit
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Marcel Scharrenbroich
7101

Comic-Couch Rezension vonJun 2020

Story

Alter Wein in verschwurbelt-frischen Schläuchen. Die Xenos nisten sich mal wieder ein, können aber durch die Rückbesinnung auf subtilen Horror punkten.

Zeichnung

Mit einem Auge bei Moebius, mit dem anderen bei H. R. Giger. Das düstere Setting kann überzeugen, auch wenn die Charaktere keinen Schönheitspreis gewinnen.

Rückbesinnung

"Meistens kommen sie nachts... meistens nachts."
- Rebecca „Newt“ Jorden

2295: Im Weltraum hört dich niemand schnarchen. Zumindest nicht auf der Zwischenstation „Sphacteria“. Die überschaubare Crew des Treibstoffdepots der Weyland-Yutani Corporation, das im Orbit des Gasriesen Pylos kreist, besteht nämlich nur aus sechs Mitgliedern. Ziemlich tote Hose im Weltall, wenn nicht gerade ein Frachter zum Auftanken reinschneit. Und genau dies geschieht, was für ein wenig Abwechslung im schnöden Alltag sorgt. Captain Hassan versucht umgehend Kontakt zum unbekannten Schiff aufzunehmen, wartet jedoch vergebens auf Antwort. Ein erster Scan zeigt, dass es sich um einen ehemaligen Handelsfrachter handelt, der ausgemustert und versteigert wurde. Schlauer macht die Crew der „Sphacteria“ diese Information nicht… eher skeptisch. Es könnte sich um Schrottsammler oder sogar Plünderer handeln. Die zweite Alternative sorgte schon in der Vergangenheit für Ärger, weshalb man an Bord nicht heiß auf eine erneute Begegnung ist. Als Captain ist es aber Hassans Pflicht, wenigstens nach dem Rechten zu schauen. Für den Fall, dass die dortige Crew in Schwierigkeiten steckt.

Fünf Mann machen sich auf zum Frachter und finden das Schiff in einem katastrophalen Zustand vor. Löchrig wie ein Schweizer Käse und durchsät mit verätzten Rissen an den Wänden. Tatsächlich treffen sie dort noch Menschen an. Tief schlafend in Kryo-Kammern. Zwei Männer und eine Frau… das sind alle, die von der einst achtköpfigen Besatzung übrig sind. Der Techniker Wascylewski wird angewiesen, die drei umgehend aufzuwecken und den Vorgang einzuleiten. Sie sollen mit an Bord der Zwischenstation „Sphacteria“. Während des Aufweckens reißt jedoch der Kühlmittel-Tank und überflutet die Kammern. Obwohl Hassans Männer schnell handeln und die Glas-Kabinen zerschlagen, erleiden die unsanft Geweckten schwerste Verbrennungen. Es grenzt fast an ein Wunder, dass sie dies nicht augenblicklich in den Tod reißt. Um ihre Leben weiterhin zu retten, werden sie schnellstmöglich auf die Krankenstation des Treibstoffdepots geschafft. Zu fünft verließen sie die „Sphacteria“, zu acht kehren sie zurück… und haben noch etwas im Gepäck, dass sie sich in ihren wildesten Albträumen nicht vorzustellen vermögen…

"Kann ich vielleicht noch aus dieser Horrorstory aussteigen?"
- Private Hudson

Was sich anhört wie eine x-beliebige „Alien“-Story, die viele von uns wohl langsam rückwärts pfeifen können, nachdem Filme, Comics, Romane, Videospiele, Kurzfilme, Brett- und Rollenspiele immer wieder auf die Konfrontation von Menschen mit den tödlichen Xenomorphs hinauslaufen, entpuppt sich nach und nach als clever durchdachte Sci-Fi-Thriller-Kost. Erzählt wird nämlich in Rückblenden… aus der Sicht des Technikers Wascylewski. Und obwohl das „Aliens“ im Titel suggeriert, dass wir es hier mit einem Ableger der Film-Fortsetzung von James Cameron zu tun haben könnten, führt dies eigentlich eher auf eine falsche Fährte. Keine Marines, die alles kurz und klein ballern und bis an die Zähne bewaffnet auf Monsterjagd gehen. Kein Duell auf Augenhöhe. Der Mensch ist hier klar das Opfer. Die Beute. Der hilflose Wirt. Die klaustrophobische Stimmung erinnert da schon eher an Ridley Scotts Original aus dem Jahr 1979 als an die geniale Action-Orgie von 1986. Auch Ellen Ripley sucht man hier vergebens. Eine eigenständige Geschichte, die durch die immer wiederkehrende Weyland-Yutani Corporation und die tödlichste Spezies im All im Franchise verankert wird.

„Für einen Menschen - nicht übel.“
- Bishop

Der 1985 in Kanada geborene James Stokoe erweist sich hier als Ein-Mann-Armee. Von ihm stammen Text und Zeichnungen. Und beides ist ihm ziemlich gelungen. Internationalen Lesern durch „Wonton Soup“ (Oni Press) und „Orc Stain“ (Image) vielleicht schon ein Begriff, zeichnet Stokoe auch für MARVEL, ShortBox und IDW. Ebenso ist er für zahlreiche Cover-Artworks der großen Verlage verantwortlich. Den Kollegen von Dark Horse pitchte James Stokoe seine „Aliens“-Idee mit eindrucksvollen Skizzen, die sich stilistisch in der Nähe des großen (jedoch künstlerisch nicht erreichten) Jean „Moebius“ Giraud verorten lassen. Im Bonusteil lassen sich diese noch mal bestaunen. Allerdings legte er da den Fokus mehr auf Action, was mit Sicherheit ebenfalls gut funktioniert hätte.

Mit extrem feinem Strich scheint sich Stokoe in einen detailverliebten Rausch gezeichnet zu haben. Die Figuren sind nicht die hübschesten, das muss man ganz klar sagen, aber das ganze Drumherum ist derart stimmig, dass die Moebius/Giger-Mischung genau den richtigen Ton und Nerv trifft. Trotz Augenmerk auf Spannung und klaustrophobischen Horror, geht es hier nicht gerade blutarm zur Sache. Wenn ein Xenomorph die Krallen auspackt, macht auch James Stokoe keine Gefangenen.

Fazit:

Mit „Aliens: Dead Orbit“ besinnt man sich wieder auf die Franchise-Ursprünge und schaltet actionmäßig einen Gang zurück. Dafür wird der Horror-Aspekt wieder in den Vordergrund gerückt, was der „Alien“-Marke zur Abwechslung mal richtig guttut. Was der Videospiele-Markt mit „Alien: Isolation“ geschafft hat, gelingt „Aliens: Dead Orbit“ nun im Comic-Bereich. Ein subtiler Schocker mit reichlich düsterer Atmosphäre. Kein Meisterwerk, aber ein Lichtblick am „Alien“-Himmel.

Aliens: Dead Orbit

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