Kleine Akissi- großes Wirrwarr
Akissi, die kleine Chaos-Prinzessin mit Wohnsitz Abidjan im afrikanischen Staat Elfenbeinküste gibt erneut Audienz und hat wieder das perfekte Durcheinander im Gefolge.
Mittlerweile ist das erste Schuljahr geschafft und in den Ferien heißt es für Akissi und ihren großen Bruder Fofana raus aus der Großstadt zum Besuch zu den Verwandten aufs Land.
Schon die Anreise ist aufregend. Dem Sammeltaxi platzt ein Reifen und ein Schaf fliegt vom Gepäckdach quasi direkt aufs Feuer zweier hungriger Jäger. Wären da nicht die Geschwister on tour, die das „unfreiwillige-FO“ gerade noch vor den Macheten der Verfolger retten können.
Ferien auf dem Dorfe
Das Leben im Dorf der Großeltern unterscheidet sich von Akissis Alltag in der Stadt erheblich und so gibt es für die kleine Abenteurerin viel zu entdecken. Beim Kokosnüsse Pflücken klettert sie flink wie ihr Äffchen Bubu die Palme hoch, bis die arme schimpfende Oma durch eine Nuss knock out zu Boden geht. Sie stört die Kaninchenjagd von Fofana und seinen Freunden, fällt bei der Rettung der Häschen in eine Grube und muss dort bis in die Nacht ausharren. Als alle Kinder vor dem Schlafengehen im Stockdunkeln, den Wald noch als stilles Örtchen aufsuchen, tauchen Wildschweine auf und eine Schlange, die Akissi bei der Maniok-Ernte aufschreckt, beißt zum Ausgleich kräftig zu. Da ist es gut eine Großmutter, zu haben, die weiß was zu tun ist. Und die immer rechtzeitig zur Stelle ist, wenn es brenzlig wird. Auch als Akissi ihrer Freundin Zöpfe flechtet und beim Ansengen die Haare plötzlich lodernd in Flammen stehen. Am Urlaubsende mag Akissi sich gar nicht von der Oma trennen.
Schule des Grauens
Zurück in Abidjan sieht Akissi, nach Fofanas fürchterlichen Geschichten über den neuen Klassenlehrer, dem ersten Schultag mit Schrecken entgegen. Doch selbst das Loch im Kopf, dass sie sich bei einer Verfolgungsjagd mit Freund Edmond am Vortag zuzieht, reicht den Eltern als Entschuldigung nicht aus. Lehrer Adama macht beim Schulanfang direkt deutlich, dass er Kinder nicht leiden kann und erweist sich als so schrecklich, wie befürchtet. Er ist hässlich, böse und streng und vermiest Akissi die Schule ordentlich. Dazu prügelt er die Schüler. Allerdings hat Akissi da die passende Antwort, denn mit etwas Abführmittel in der Wasserflasche, hat der Lehrer für die Hintern anderer gar keine Zeit mehr. Zum Glück gibt es auch noch die Pausen und die Klassenkameraden. Selbst wenn Akissi ihnen am Valentinstag klarmachen muss, dass sie ein richtiges Mädchen ist obwohl sie Fußball spielt. Darüber hat sie sich bei ihrer großen Schwester Victorine extra schlau gemacht. Ihre Freunde sind ihr auf jeden Fall dankbar, denn einem älteren Mitschüler, der ihnen Pausenbrote und Taschengeld abknöpft, erteilt Akissi eine ordentliche Lektion.
Afrikanische Kultur auf Augenhöhe
„Klein, aber oho“, ist für das Power-Päckchen Akissi noch gelinde ausgedrückt. denn die naive Unverfrorenheit, mit der sie den Dingen des Lebens begegnet, ist bemerkenswert. Mit Selbstvertrauen, Neugier und Gerechtigkeitssinn, genauso clever wie ungestüm meistert sie ihren Alltag patent nach ihren Vorstellungen und nicht nach dem was „man“ so denkt. Das läuft oft nach dem Prinzip „trial and error“, aber ist perfektes Training in Selbstbestimmung. Schwerer zu hüten als ein Sack Flöhe, sind ihre Eskapaden für ihr näheres Umfeld nicht wenig strapaziös. Akissis intakte Familie zeigt dem jüngsten Sprössling jedoch Verständnis und Grenzen gleichermaßen.
Und so nimmt Akissi die Leser mit auf die Entdeckungstour ihres Alltags und gibt den Blick frei auf afrikanische Kultur und Lebensart. Durch den Ferienaufenthalt wird sehr anschaulich das Stadt-Landgefälle aufgegriffen, wenn Akissi das einfachere, traditionellere Leben bei den Großeltern kennenlernt: Feldarbeit, keine Toilette im Haus und abends Geschichten am Feuer statt Fernseher.
Zu Hause wird vor allem das strenge Schulsystem vorgestellt. Hier darf man nicht vergessen, dass Akissis Familie einer gehobenen Gesellschaftsschicht angehört und dass der Schulbesuch für viele Kinder in der Elfenbeinküste nicht selbstverständlich ist. Beide Lebensstandards sind jedoch ivorische Realität.
Gelungene Zusammenarbeit
Die Autorin Marguerite Abouet und Zeichner Mathieu Sapin knüpfen mit „Vorsicht, fliegende Schafe!“ ohne stilistische Veränderungen nahtlos qualitativ hoch an den ersten Teil der Comic-Reihe an.
Abouet erzählt Akissis Erlebnisse kapitelweise, pointiert, mit gutem Gespür für wechselnde Stimmungen. Die Geschichten lesen sich durchweg amüsant, vor allem auch durch die O-Töne von Akissi. Die Autorin legt ihrer kleinen Heldin situationsbezogen einfach immer die richtigen Worte in den Mund: witzig, neunmalklug, dramatisch.
Der Hardcover-Band in grellem Pink mit Akissi und ihrem Äffchen Bubu in türkis, weckt Erwartungen, die Sapin mit seinen bunten cartoonesken Zeichnungen im Innern voll erfüllt. Sie untermalen die positive Grundstimmung des Comics perfekt. Gleichzeitig gelingen ihm genauso gekonnt dunkle Bilder in gedeckten Farben, wenn es bei Akissi auch mal etwas düster zugeht.
Besonders die Mimik der Figuren, verdrehte Augen, weit aufgerissene Münder sorgen für die ausdrucksstarke lebendige Illustration. Dazu viele spaßige Details, etwa bei den zahlreichen diversen Tiermotiven.
Im aufmerksam erstellten Bonustrack liegt diesmal eine Anleitung für afrikanische Zöpfe, ein Rezept und der Spielplan für ein Würfelspiel.
Fazit:
Ein Kinder-Comic, den sich Erwachsene garantiert gerne ausleihen. Seine Geschichten erzählen frech und fröhlich von afrikanischer Wirklichkeit. Die kecke Hauptfigur avanciert dabei zur absoluten Sympathieträgerin, die den Blick auf den kindlichen Alltag lenkt und damit zur kleinen Botschafterin für die Lage der Altersgenossen in ihrer Heimat wird.
Marguerite Abouet, Mathieu Sapin, Reprodukt
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