Die geekigsten Chars, die ein Comic je gedroppt hat. (Stufenaufstieg +8)
Huhn & Susan FTW!
Wären wir in den guten, alten 90ern und würden uns in einem PC-Adventure befinden, könnte man das ganze „Quest for Silk“ nennen… in Anlehnung an die hervorragenden und zum Teil augenzwinkernden Point-and-Click-Reihen der Firma Sierra. Die „Quest“-Spiele (darunter „King’s Quest“, „Space Quest“, „Police Quest“ und „Quest for Glory“) zeichneten sich - im Gegensatz zur Konkurrenz von „Lucasfilm Games“ bzw. später „LucasArts“ - dadurch aus, dass man bei jedem Gang in einen neuen Bildschirm auf abstruseste Art ins Gras beißen konnte… und Lach-Attacken und wilde Raserei sich die Klinke in die Hand gaben. Ganz so derbe geht es beim „Adventure Huhn“ nicht zu, denn hier beschränkt es sich die Handlung auf den humorvollen Part.
Um nun auch den „Silk“-Hinweis aufzudecken: Die „Seide“ ist der Stein des Anstoßes, der unsere beiden Protagonistinnen ins Abenteuer verschlägt. Die kleine Raupe Susan ist nämlich gerade gemütlich dabei, sich in einen wunderschönen Schmetterling zu transformieren, als der Verpuppungsvorgang jäh und unsanft unterbrochen wird. Huhn, übermotiviert bis hinten gegen, schmeißt ihr Schwert durch die Gegend, als gäbe es kein Morgen mehr, und pfeffert dabei unbeabsichtigt Susan aus dem Baum. Nun isser hin, der schöne Kokon… und damit auch Susans sehnlichster Wunsch, endlich ein Schmetterling zu werden. Um einen neuen Kokon zu klöppeln, ist Seide vonnöten. Eine Möglichkeit wäre Froschbach. Dort gibt es Seide. Und was wäre Huhn für eine Freundin, würde sie den angerichteten Schaden nicht richten wollen!? Außerdem ist Huhn abenteuerlustig und stets bereit, sich einer neuen Aufgabe mit aufgeplustertem Gefieder entgegenzuwerfen.
Zuerst muss aber das Inventory… äh, das Reisegepäck aufgefüllt werden. Bei den Ogern in der Nachbarschaft deckt man sich ungefragt mit allerlei Items (in Form von Snacks) ein und macht sich dann gemeinsam auf den Weg nach Froschbach. Auf halber Strecke treffen Huhn und Susan auf eine Prinzessin (Höre ich da „Klischee!“? Neien! Das MUSS so…), die sich mit Mühe und Not aus ihrem Königreich retten konnte, nachdem dieses vom Feinde überrannt wurde. Wie es sich für stattliche Abenteurer gehört, bietet unser (un)dynamisches Duo sofort Hilfe an… na ja, zumindest Huhn, die sehr leicht zu begeistern ist. Die quäkige Prinzessin möchte unbedingt ihre zurückgelassenen Erbstücke wieder in Besitz nehmen… und in einem Königreich wird es doch bestimmt auch ein bisschen Seide für die mürrische Susan geben, oder? (Vitalität +3)
Im God Mode bis ans Ziel gefarmt
Das skurril-witzige Fantasy-Abenteuer „Adventure Huhn“ ist gespickt mit Verweisen auf RPGs (Role-Playing Games) und nimmt generell das Abenteuer-Genre gekonnt und charmant auf die Schippe. Das stets optimistische und leicht blauäugige Huhn prescht dabei mit voller Leidenschaft und Tatendrang voran, während Susan (allein die Idee, eine putzige Raupe Susan zu nennen, ist sowas von goldig…) den defensiven, besonnenen und ja, auch leicht nörgeligen Part innehat. Aber hey, wenn jemand gerade meinen wunderschönen und mit liebe gebastelten Kokon geschrottet hätte, wäre ich aber auch leicht angesäuert!!! Von der Chemie der beiden Charaktere lebt aber auch die Geschichte und führt zu herzhaften Lachern. Ein Gespann, wie Pech und Schwefel… aber mit goldenem Herzen und den besten Absichten. (Stärke +2)
Ein Loot-Fest… auch für Genre-Noobs
Ideenreich und mit viel Fantasie, hat die Künstlerin Franziska Ruflair eine von Grund auf sympathische Story geschaffen, die alle Altersklassen anspricht. Von jüngeren Lesern, die sich an den vereinfachten und bunten Zeichnungen erfreuen, über Genre-Freunde, die die vielen Verweise aus Gaming und Literatur zum Schmunzeln bringen, bis hin zu Comic-Fans im Allgemeinen, die mit Sicherheit das unverbrauchte Setting und das liebevoll-tollpatschige Duo zu schätzen wissen.
Franziska Ruflair, die als selbstständige Illustratorin und Graphic Recorderin arbeitet, verfasste bereits während ihres Studiums an der Hochschule Mainz einen achtseitigen Kurz-Comic namens „Elfriede“, der sich mit dem Thema Beerdigung beschäftigte. Als Bachelorarbeit legte sie dann mit „Ein Tag ohne Gestern“ eine Graphic Novel vor, von der die Hälfte des insgesamt 280 Seiten starken Werkes während des Bachelors fertiggestellt wurde. 2016 wurde Ruflair dafür als Finalistin für den Kulturpreis der Berthold-Leibinger-Stiftung ausgezeichnet. „Adventure Huhn“ ist die erste Verlagsveröffentlichung der Künstlerin und wurde vom Avant-Verlag als schmuckes Softcover-Buch herausgegeben. 92 hochwertige, matte Seiten und die Hochglanz-Elemente auf dem Front-Cover sprechen für die gute Qualität, die man vom Verlag bereits gewohnt ist. (Geschick +2)
Fazit (Skill-Level):
Die knackige Kürze von Franziska Ruflairs Verlagsdebüt dürfte auch spielend Casual-Reader zu Freunden von „Adventure Huhn“ (und Susan!) mutieren lassen. Unkompliziert, mit schöner Botschaft und dem sympathischsten Gespann seit Nitro und Glycerin, freue ich mich, hoffentlich schon bald in ein neues Abenteuer mit den beiden aufbrechen zu können… mehrere Andeutungen für eine mögliche Fortsetzung finden sich nämlich bereits in der Geschichte. (Weisheit +1)
Franziska Ruflair, Franziska Ruflair, Avant
Deine Meinung zu »Adventure Huhn«
Wir freuen uns auf Deine Meinungen. Ein fairer und respektvoller Umgang sollte selbstverständlich sein. Bitte Spoiler zum Inhalt vermeiden oder zumindest als solche deutlich in Deinem Kommentar kennzeichnen. Vielen Dank!