Alles auf dieser Insel ist einzigartig
Verkettung mysteriöser Ereignisse
Den Schweizer Privatdetektiv Ernest Patisson hat es nach Schottland verschlagen. Er ist dort, weil sein alter Freund Captain Phillips ihn zu Rate gezogen hat, da dieser sich bislang immer auf dessen Spürnase verlassen konnte. Gemeinsamen reisen die feinen Herren mit dem Zug an, worauf eine holprige Kutschfahrt zum Hafen folgt. Von dort aus geht es auf einen alten Kahn, der sie zu einer abgelegenen Insel bringen soll. Trotz des stürmischen Wetters und dem strömenden Regen. Was soll schon passieren, bei einem Kapitän, der eine Augenklappe trägt, die linke Hand durch einen schnittigen Haken ersetzt hat und zudem noch auf den beruhigenden Spitznamen „Unlucky“ hört? Eben…
Wir schreiben das Jahr 1922 und Ziel der Reise ist das einsame Anwesen von Colonel James Wallace. Seit Ewigkeiten im Besitz der Wallace-Familie, ist es Tradition, dass Nachfahren in das hochgelegene, imposante Herrenhaus ziehen. Schon viele Jahre lebt James Wallace dort mit seiner Gattin Marissa, die einst das blühende Leben war. Dies änderte sich allerdings vor etwa zwei Jahren. Die frühere Leichtigkeit und Lebenslust wichen immer mehr aus ihr und ihr psychischer Zustand verschlechterte sich. Nachdem sie regelrechte Wahnvorstellungen entwickelte, sah ihr Gatte keine andere Möglichkeit mehr, als seinen Freund, den Captain zu kontaktieren. Die psychotischen Schübe der gepeinigten Frau gehen soweit, dass sie unberechenbar wird. Angeblich spricht der verblichene George Wallace, Onkel ihres Mannes James, zu ihr und verfolgt sie. Treibt tatsächlich ein übersinnliches Wesen sein Unwesen im Anwesen… oder ist die vermeintliche Anwesenheit unwesentlich unwesentlicherer Natur?
(Größenwahnsinnige Anmerkung: Grimme-Preis für den letzten Satz bitte an die Adresse im Impressum schicken. Danke im Voraus.)
Mehrere Leichen nach dem Dessert
Nach der stürmisch-holprigen Anfahrt geht es dann ohne Umschweife ins stattliche Anwesen des Gastgebers. Patisson beweist durch messerscharfe Auffassungsgabe sofort, dass er der richtige für den Job zu sein scheint, da macht der Hausherr sich keine Gedanken. Doch Captain Phillips und der gewiefte Schweizer sind nicht die einzigen Gäste, die das prachtvolle Haus an diesem Wochenende beherbergt. Nebst Wallace und Gattin sind das Hauspersonal, bestehend aus Butler Hector und der attraktiven Köchin Clarisse, Neffe Jeremy und seine junge Verlobte Patricia sowie der Anwalt Raymond Bradbury anwesend. Nachdem bereits das Dinner nicht ganz nach Plan verläuft, soll die Nacht noch weitere Überraschungen bereithalten. Schon bald gibt es ein erstes Opfer zu beklagen. Und dabei soll es nicht bleiben. Verdächtige gibt es zuhauf und Ernest Patisson hat alle Hände voll zu tun, nicht die Übersicht zu verlieren… denn – wie so oft – liegt der Teufel im Detail.
Es muss nicht immer der Gärtner sein…
Hatten wir es im ersten Band der angenehm klassischen Anthologie-Krimi-Reihe mit einer typischen Whodunit-Story zu tun, folgte im zweiten Ableger ein Abstecher ins Hardboiled-Genre. Mit dem Fall für den Schweizer Privatdetektiv Ernest Patisson gibt es zwar wieder einiges zu entschlüsseln, jedoch in einer gelungenen Kammerspiel-artigen Atmosphäre. Das alte Herrenhaus, abgeschieden von der Zivilisation und in Sturm und nächtlichen Starkregen getaucht, bietet die perfekte Kulisse für atmosphärische Krimi-Kost der alten Schule. Wer die beiden empfehlenswerten und Star-besetzten Filmklassiker „Eine Leiche zum Dessert“ (1976) und „Clue - Alle Mörder sind schon da“ (1985) mag, wird sich in „Das Spukschloss in Schottland“ sofort heimisch fühlen. Die Story ist äußerst kurzweilig und zudem spannend und schlüssig erzählt. Im Gegensatz zu den „7 Detektive“-Vorgängern gibt es hier nicht auszusetzen, was diesen Band zum bislang Stärksten der Reihe macht.
Einen enormen Teil tragen dazu die hervorragenden Zeichnungen bei. Hierfür ist der französische Comic-Künstler Ceyles verantwortlich, der bislang lediglich durch die Sci-Fi/Fantasy-Reihe „Slhoka“ (SPLITTER / FINIX-COMICS) in Erscheinung trat und diese mit dem vierten Band künstlerisch betreute. Dass Ceyles auch klassisch kann, zeigt er in „Das Spukschloss in Schottland“ nahezu in Perfektion. Für meinen persönlichen Geschmack hat er das Ding mit einem Schlag eingelocht. Klare Linien, markante Charaktere und ein stets übersichtliches Gesamtbild, das die textlastige Geschichte nicht visuell verkompliziert. Die Isolation auf der schottischen Insel wird immer wieder durch Blicke von außen aufgegriffen, was das unheilschwangere, hochgelegene Gebäude im Dunkel der Nacht noch bedrohlicher erscheinen lässt.
Um die zehn Punkte voll zu machen, sorgt Leo mit der perfekten Farbgebung dafür, dass das dritte „7 Detektive“-Album wortwörtlich in bestem Licht erstrahlt. Obwohl im Ganzen recht düster gehalten, hat man zu keiner Zeit das Gefühl, dass die Dunkelheit den Inhalt der Panels verschluckt. Im Gegenteil. Hier kommt die warme Ausleuchtung zum Tragen, mit der Leo wohlig-stimmige Atmosphäre schafft und den Kerzenschein optimal nutzt, um die passenden Akzente zu setzen.
Fazit:
Nach dem Miss Marple/Jessica Fletcher-Vergleich im ersten und den Philip Marlowe/Sam Spade-Anleihen im zweiten Band, haben wir es nun mit Ernest Patisson mit einem waschechten Hercule Poirot-Äquivalent zu tun. Der hohen Wert auf Bartpflege legende Ermittler ist mit allen Wassern gewaschen und führt mit detektivischer Weitsicht gelungen durch diesen durch und durch hervorragenden Krimi-Spaß mit „Eine Leiche zum Dessert“-Flair.
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