Heißes Pflaster Hollywood
„Wenn ich näher drauf eingehe… wird’s hässlich.“
-R. Monroe
Wie beschissen kann eine Nacht eigentlich sein? Egal, wie beschissen… in den meisten Fällen endet sie nicht damit, dass man 46… Verzeihung, 47 Stockwerke im freien Fall hinunterstürzt, nachdem man eindrucksvoll durchs Fenster gekracht ist. Er kann ein Liedchen davon trällern. Darf ich vorstellen: Richard Monroe, Privatdetektiv. Mit allen Wassern gewaschen und ebenso berühmt wie berüchtigt im Sündenpfuhl der Stadt der Engel.
Wie es zu diesem imposanten Flug aus der Imperial Suite im High Tower Hotel kam? Nun, das berichtet Monroe – den kantigen Kopf bandagiert und mehr Blut auf dem Hemd als John McClane zu seinen glorreichsten Zeiten – widerwillig gefühlt jedem Polizisten der Stadt. Als nun auch noch das FBI, vertreten durch den knochentrockenen Agent Cole Williams, im ungemütlichen Verhörraum des Polizeireviers aufschlägt, muss der schwer angeschlagene und mit Medikamenten bis unter die nicht vorhandene Hutschnur zugeballerte Schnüffler nochmals zum Besten geben, was sich in fraglicher Nacht zugetragen hat. Und alles begann – Überraschung!!! – mit einer hübschen Blondine…
Die schöne Ava Lamont war ein strahlender Stern am Schauspiel-Himmel. Zusammen mit dem ebenfalls angesagten Star James Cromley spielte sie die Hauptrolle im Musical „Who killed the fantastic Mister Leeds?“, welches für einige Vorstellungen im pompösen Hotel residierte. Da Monroe Miss Lamont schon bei der Scheidung von ihrem gewalttätigen Gatten zur Seite stand, kannte man sich bereits. Es lag also nahe, dass die Schauspielerin sich in seiner Nähe sicher fühlte und er eine geeignete Wahl für den Leibwächter-Job während ihres Aufenthalts war. Als Monroe durch die Garderobentür alarmierende Geräusche hörte, verschaffte er sich Zutritt und fand seinen Schützling in einem Handgemenge mit ihrem Co-Star wieder. Diesen nahm der Detektiv von Format sich natürlich zur Brust und zeigte ihm, trotzt Beteuerungen, dass es sich um einen Irrtum und nur eine Probe für die Bühne handelte, in luftiger Höhe die schöne Aussicht auf Los Angeles bei Nacht. Mit dieser Aktion machte sich Monroe nicht nur Freunde, aber hey… Job ist Job.
Während die Show vor ausverkauftem Haus im vollen Gange war, hielt der Bodyguard weiter Ausschau nach zwielichtigen Gestalten. Einige verdächtige Gesichter erblickte er auch im Publikum, jedoch kann man niemanden wegen hängender Mundwinkel und Ganoven-Visage aus dem Verkehr ziehen. Das Stück schien reibungslos über die Bühne zu gehen… jedenfalls bis zu dem Zeitpunkt, wo die weibliche Hauptrolle einen Revolver auf die männliche Hauptrolle richtete. Alles Teil des Musicals, schließlich war „Who killed the fantastic Mister Leeds?“ ein Stück um Eifersucht und Mord aus Leidenschaft. Was jedoch nicht zum Plan gehörte, war, dass eine Kugel James Cromley tatsächlich das Hirn aus dem verdutzten Schädel blies und großflächig auf der Bühne verteilte. Der Schock saß bei allen Anwesenden natürlich tief. Auch bei Ava Lamont, die jedoch noch vor Ort in Gewahrsam genommen wurde. Als Hauptverdächtige eines geplanten Mordes. Nun war es an Richard Monroe, ihre Unschuld zu beweisen. Und dann war ja da auch noch die Sache mit dem 46. … Verzeihung, 47. Stock.
Kombiniere, kombiniere… ne, doch nicht.
Konnte der inhaltlich losgelöste erste Band der Anthologie-Reihe „7 Detektive“ noch mit dem Whodunit-Genre (Anm.: Who has done it? = Wer hat es getan?) dienen, widmet sich das zweite von insgesamt sieben Alben dem klassischen Hardboiled-Krimi (Anm.: hartgesotten). Richard Monroe lässt sich auch voll und ganz in die Schublade seiner berühmten Berufsgenossen einsortieren. Abgebrüht, nicht auf den Mund gefallen, ein rotes Tuch für die lokale Unterwelt und mit beiden Händen stets in dreckiger Wäsche wühlend. Dabei sind es vor allem die Wortgefechte mit FBI-Agent Cole Williams, die die stets gelungene Atmosphäre zur richtigen Zeit auflockern. Vom Ton her fühlte ich mich oft an den Film „Kiss Kiss Bang Bang“ mit Robert Downey Jr. erinnert, der mit Sicherheit einen gelungenen Richard Monroe abgeben würde. Allerdings spielt die Comic-Handlung im L.A. der 30er-Jahre. Und was darf in einer Geschichte der 30er auf keinen Fall fehlen? Richtig: Deutsche.
Hier wäre dann auch der Punkt, der mich etwas stört und schon dem ersten Band, „Miss Crumble - Das gestiefelte Monster“ etwas Würze nahm: Die Story, so spannend sie beginnt, verpufft immer mehr in Richtung Finale. Bei einem Krimi möchte ich gerne miträtseln, auf Indizien achten und Hinweise nachvollziehbar kombinieren können. Das geht nicht, wenn die Handlung Haken schlägt und erst im späteren Verlauf unvorhersehbare Dinge offenbart, die der Leser unmöglich vorhersehen kann. Zwar gibt es speziell in der zweiten Hälfte rasante Action zu sehen, die alles liefert, was man von einem Hardboiled Detective der alten Schule erwarten kann, doch um komplett zu überzeugen, fehlt „Richard Monroe“ noch eine kleine Ecke.
Kantig, kurvig, kernig
Zeichner Nicolas Sure („Royal Aubrac“, „Les Grands Peintres: Egon Schiele“) hat die Stimmung des Hollywoods der 30er-Jahre wirklich gut eingefangen. Warme, kräftige Farben, die gut in die Zeit passen, und ein kantiger Stil, der im Ansatz eine modernisierte und deutlich fortgeschrittene Version von „Nick Knatterton“ mit dem Charakter-Design von „Batman: The Animated Series“ mixt. Wo die eckigen, groben Darstellungen perfekt auf Monroe & Co. zugeschnitten sind, kommen die weiblichen Charaktere deutlich zarter und schwungvoller weg. Mit einem besseren Auge für Proportionen wäre noch ein Pünktchen mehr drin gewesen. Im Großen und Ganzen kann man aber sagen, dass die „7 Detektive“-Reihe auch im zweiten Anlauf auf hohem künstlerischem Level spielt.
Da der Zeichner bei jedem Band wechselt, darf man gespannt sein, wie sich der nächste Künstler schlägt. Am Ermittler „Ernest Patisson“ darf sich der Künstler Ceyles austoben der bislang für die Reihe „Slhoka“ (Splitter / Finix-Comics) zeichnete.
Fazit:
Unterhaltsamer Krimi-Spaß mit einem blendend aufgelegtem Hauptcharakter. Lediglich gegen Ende – und somit Richtung Auflösung – geht ihm etwas die Puste aus und die Handlung wirkt etwas zerfahren. Der kantig-cartoonige Look passt dafür aber hervorragend. Interessant ist auch die Tatsache, dass bereits ein weiterer Detektiv kurze Erwähnung findet, der uns dann im siebten und abschließenden Band der Anthologie-Reihe von Autor Herik Hanna beehren wird.
Herik Hanna, Nicolas Sure, Splitter
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