The Batman
von Marcel Scharrenbroich (06.2022) / Titelbild: © Warner
Gotham sehen … und sterben?
Meckern, meckern, meckern…
Das kann man im Internet besonders gut. Nicht nur über das alltägliche Weltgeschehen, Politiker, Fußball-Millionäre oder das Wetter, sondern auch über das neuste Treiben in der Film- & TV-Industrie. Anhand erster Szenenbilder wird ein gesamtes Projekt im Vorfeld zum Scheitern verurteilt, digitale Effekte werden von Leuten schlechtgeredet, die diese Kritik nicht mal fehlerfrei in die Tastatur hämmern können, und Casting-Entscheidungen scheinen den Untergang des Abendlandes einzuläuten. Es gibt aktuell wohl kein Projekt, welches nicht mit Dreck beworfen wird, obwohl sich noch niemand vom fertigen Produkt eventuell eines Besseren belehren lassen konnte. AMAZONs „Der Herr der Ringe“-Serie „Die Ringe der Macht“ traf es besonders hart, aber auch die DISNEY+-Serien „Ms. Marvel“ und „She-Hulk“. Da wäre es ja ein Wunder, wenn es bei einem neuen Batman-Film anders gewesen wäre. Erst recht, wenn man im Falle von WARNER/DC allgemein recht plan- und zusammenhanglos agiert, was eine Kontinuität im eigenen Universum betrifft. Hier mal ein kurzer Desaster-Report:
Das Thema Zack Snyder scheint vorerst vom Tisch zu sein, obwohl dessen „Justice League“ als ursprüngliches 4-Stunden-Epos der damaligen Kinofassung von Joss Whedon nicht nur den Finger zeigte, sondern diese gleich mit einem dreifach eingesprungenen Roundhouse-Kick pulverisierte und dorthin schmetterte, wo sie hoffentlich niemand jemals wiederfindet. Der Schlachtruf „Restore the Snyder-Verse!“ prallte dennoch ungehört an den tauben Ohren der Verantwortlichen ab, womit sich auch Batman-Darsteller Ben Affleck nach recht kurzem Dienst (und ohne Solo-Film) in den Ruhestand verabschiedet. 2023 soll er ein letztes Mal im Fledermaus-Kostüm zu sehen sein. Einen grandiosen Superman in Form von Henry Cavill sägte man hingegen eigenhändig ab, obwohl der „The Witcher“-Darsteller gerne weiterhin im rot-blauen Dress tätig gewesen wäre. Um die vielen DC-Baustellen, die über die Jahrzehnte aufgemacht wurden, wenigstens noch irgendwie halbwegs glaubhaft in ein Kontinuitäts-Korsett zu zwingen, schrie geradezu die „Flashpoint“-Story aus dem Comic-Event von Geoff Johns und Zeichner Andy Kubert nach einer Verfilmung. Nach jahrelangem Hin und Her ging der „ES“-Regisseur Andy Muschietti ans Werk, wofür man sogar Michael Keaton, den zweifachen Batman aus den Tim Burton-Filmen, reaktivierte. Leider hat man ausgerechnet mit der Hauptrolle ins Klo gegriffen. Ezra Miller, der bereits in „Batman v Superman: Dawn of Justice“ und „Justice League“ den Roten Blitz verkörperte, wird nicht müde, mit Negativ-Schlagzeilen auf sich aufmerksam zu machen. Der bereits abgedrehte Film wurde schon mehrfach verschoben und ob der aktuelle Starttermin Juni 2023 eingehalten werden kann, darf mit Recht angezweifelt werden. Angeblich wird intern sogar eifrig darüber diskutiert, ob man Miller nachträglich durch einen anderen Darsteller ersetzt. So viel dann zum Thema Kontinuität… Wie die Nummer noch irgendwie plausibel geschaukelt werden soll, ist mir persönlich ein Rätsel. Wenn wir schon beim fleißigen Austauschen von Darstellern sind, können wir auch gleich das Aquaman-Fass aufmachen: Auf Grund des kürzlich zu Ende gegangenen Verleumdungsprozesses zwischen Mera-Darstellerin Amber Heard und ihrem Ex Johnny Depp, bei dem geklärt werden sollte, wer nun wen geschlagen und wer wem ins Bettchen geschissen hat, wurde lautstark gefordert, dass Heard aus der im März 2023 anlaufenden Fortsetzung „Aquaman and the Lost Kingdom“ herausgestrichen werden sollte. Da ihr negativ behafteter Ruf der Aktrice vorauseilt, wurde ihre Rolle wohl bereits auf ein Minimum an Screentime reduziert, was den „Fans“ jedoch noch nicht zu reichen scheint. Hauptdarsteller Jason Momoa und Regisseur James Wan ergriffen Partei für Heard, was sie wohl vor einem kompletten Rauswurf bewahrte. Um noch einen frischen Eindruck nachzuschieben, lassen die ersten aussagekräftigen Bewegtbilder zu „Black Adam“ erahnen, dass man seitens DC und WARNER erneut die Möglichkeiten der Einführung eines düsteren Charakters mit zweifelhaft-seichtem Humor zu karikieren versucht. Rock „The Dwayne“ Johnson spielt sich mal wieder selbst und die Wandlung vom brutalen Gott ohne Gnade zum strahlenden Retter der Welt kreischt einem schon im Trailer ins Gesicht. So bleiben meine Erwartungen erstmal gedämpft niedrig, aber im Oktober 2022 sind wir da vermutlich schlauer. Auch bezüglich der These, ob Shazam, dessen zweiter Kinoauftritt ebenfalls noch aussteht, in „Black Adam“ irgendeine Rolle spielt. Die lasche Komik lässt ein Aufeinandertreffen der Comic-Erzfeinde zumindest in den Bereich des Möglichen rücken. Letztendlich bleibt trotzdem nur zu sagen: Heilige Scheiße… was ist nur los im Hause WARNER/DC? Mit so einem Flickwerk an unfertigen Baustellen wird es schwer, selbst als eingefleischter Comic-Fan noch irgendeiner Kontinuität zu folgen… sofern überhaupt vorhanden. So, und damit habe ich mich mit Pauken und Trompeten in die Reihe der Online-Meckerfritzen gedrängt. Erwischt… aber Eigentore sind auch Tore.
Nach dieser Aneinanderreihung von schlechten Entscheidungen, Planlosigkeit und schlichtem Pech kommen wir noch mal auf den eingangs erwähnten Punkt der umstrittenen Casting-Entscheidungen zurück, was uns dann wieder in die thematisch angemessene Spur bringt. Zwei Worte: Robert Pattinson. Diese beiden Worte reichten aus, um das hervorzuholen, was lieber vergraben geblieben wäre: „Twilight“. Jene Vampir-Schmonzette, die Pattinson über Nacht zum blassen Teenie-Schwarm avancieren ließ, der sich scheinbar nicht nur von Blut, sondern auch tonnenweise von Joghurt ernährte. Über das milchige Funkenmariechen wurden bereits alle Witze gemacht. Haken dran. Jedoch nicht für die zahlreichen Kritiker im Netz, die sofort losstürmten und Pattinson auf diese eine Rolle reduzierten. Großer Fehler! Denn ähnlich wie Daniel Radcliffe, der sein Harry Potter-Image mit gut ausgewählten Rollen (z.B. „Horns“, „Swiss Army Man“ oder „Guns Akimbo“) ablegen konnte, hat sich auch Pattinson freigeschwommen. Sei es ihm Romantik-Drama „Remember Me“, David Cronenbergs „Cosmopolis“, dem hochgelobten Endzeit-Film „The Rover“, „Good Time“, dem unkonventionellen Sci-Fi-Streifen „High Life“ und nicht zuletzt im schwarz-weißen Kammerspiel „Der Leuchtturm“, wo er sich mit Willem Dafoe ein Schauspiel-Duell auf Augenhöhe lieferte. Tatsächlich war Pattinson sogar in Christopher Nolans überhyptem „Tenet“ das einzig nennenswerte Highlight, wo er den blassen Hauptdarsteller mühelos an die Wand spielte. Wer einen oder mehrere der genannten Filme mit ihm gesehen hat, braucht sich die Frage nicht stellen, ob er würdig in die Fußstapfen seiner Batman/Bruce Wayne-Vorgänger treten kann. So facettenreich wie seine Rollenauswahl, ist nämlich auch sein Schauspiel. Mir persönlich schwillt der Kamm, wenn ich im gleichen Atemzug wie „The Batman“ den Vergleich mit „Twilight“ höre… und den habe ich im Vorfeld des Films nicht gerade selten gehört. Hört man die Leute bei neuen Filmen der Oscar-Preisträger Renée Zellweger und Matthew McConaughey noch von deren Karriere-Anfängen im lausigen „Texas Chainsaw Massacre - Die Rückkehr“ reden? Denkt man bei Jennifer Aniston zuerst an Killer-Kobold „Leprechaun“? Sieht man in Brad Pitt noch den Schauspiel-Debütanten aus „Todesparty II“? Denkt zeitgleich an Charlize Therons Maisfeld-Eskapaden in „Kinder des Zorns III“? Oder findet man die Paraderolle eines Michael J. Fox nicht in „Zurück in die Zukunft“, sondern als Nebendarsteller in „Die Klasse von 1984“? Nicht? Eben. Schauspielerinnen und Schauspieler sollten immer an ihrem aktuellsten Werk gemessen werden. Aus den genannten Rollen der damaligen Newcomer hätte selbst der erfahrenste Profi wenig rausholen können, so ehrlich darf man sein, aber oft sind es bereits etablierte Namen, die erst dann richtig auftrumpfen, wenn man sie aus ihrer Rollen-Komfortzone herauslässt. Siehe Jim Carrey („Vergiss mein nicht!“, „Number 23“), Christoph Waltz („Inglourious Basterds“) oder George Clooney („From Dusk till Dawn“). Robert Pattinson reiht sich dank seiner geschickten Wahl, zum Independent-Film zu wechseln, mühelos in diese Riege ein. Und nun ist es an der Zeit, dem „großen Publikum“ zu zeigen, was aus dem milchbärtigen Bussi-Bussi-Blutsauger geworden ist: eine ausgewachsene Fledermaus mit starker Leinwand-Präsenz.
Jahr Zwei
Gotham City ist ein kriminell verseuchtes Dreckloch. Nicht ganz so schlimm wie meine Heimatstadt, aber schon nah dran. Nachts kreucht und fleucht das Ungeziefer an die Oberfläche und es gibt kaum noch Orte, die sicher erscheinen. Wo man geht und steht könnte es der letzte Aufenthaltsort sein, den man senkrecht stehend sieht. Und ob man richtig steht, sieht man, wenn das Licht angeht. Leuchtet nämlich der mit einer Fledermaus verzierte Suchscheinwerfer in den Nachthimmel, ist es Zeit, die Beine in die Hand zu nehmen. Es ist nicht das Rufsignal für die selbsternannte „Vergeltung“ der Stadt, sondern eine Warnung. Eine Warnung an die, die Recht und Ordnung mit Füßen treten.
Ein Serienkiller hat es auf die High Society von Gotham City abgesehen. Als der Bürgermeister Don Mitchell Jr. (Rupert Penry-Jones) brutal ermordet wird, bittet Lieutenant James Gordon (Jeffrey Wright) einen ungewöhnlichen Ermittler hinzu. Der Batman (Robert Pattinson) leistet mit seinem detektivischen Spürsinn Unterstützung, wenn sein Auftreten auch Fragen aufwirft. In seiner noch jungen Karriere als nächtlicher Rächer stellt ihn dieser Fall allerdings vor ein großes Rätsel. Wortwörtlich…, denn der Killer hat einen Umschlag am Tatort hinterlassen: adressiert an den Batman.
Absender ist der wahnsinnige Riddler (Paul Dano), der sich durch Gothams Obrigkeit mordet und dabei Rätsel für seine Verfolger hinterlässt. Eine Spur führt den Batman in den exklusiven Nachtclub Iceberg Lounge, geführt vom zwielichtigen Oswald Cobblepot (Colin Farrell). Dieser ist dann auch nur die Spitze des Eisbergs, da er in den Diensten der kriminellen Strippenzieher der Stadt steht. Angeführt vom Mafia Boss Carmine Falcone (John Turturro). Bei seinem unangekündigten Besuch in dem Club trifft der Batman auf die hübsche Selina Kyle (Zoë Kravitz), die es selbst nicht so genau mit dem Gesetz nimmt. Allerdings verfolgt sie ganz eigene Ziele, was Treffen zwischen „Katze“ und „Fledermaus“ bald zur Gewohnheit werden lässt.
Je tiefer der Batman gräbt, desto mehr Dreck fördert er an die Oberfläche. Dreck, welcher sogar schmutzige Flecken auf dem Ansehen seiner Familie hinterlässt. Als die Sicht auf den Sumpf aus Macht, Korruption und Gewalt langsam klarer wird und sich ein Muster bei den Opfern des Riddlers abzeichnet, ist es fast schon zu spät. Der Plan des Wahnsinnigen scheint aufzugehen…
DC = Detective Comics
Wer in „The Batman“ Superhelden-Bombast erwartet, ist definitiv an der falschen Adresse. Die Action ist auf ein Minimum reduziert. Dafür sind die wenigen Fights hart und effektiv. Der Fokus liegt ganz klar auf den detektivischen Fähigkeiten des Batman. Diese Herangehensweise ist im Bereich der Comic-Verfilmungen noch angenehm unverbraucht und hebt sich noch deutlicher von der MARVEL-Konkurrenz ab, als die Dark Knight-Trilogie von Christopher Nolan, welche ebenfalls schon auf eine realistischere Darstellung setzte. Schon nach dem ersten Trailer zu „The Batman“, als der Film noch mitten im Dreh war, wurden Stimmen laut, die Matt Reeves‘ Film einen David Fincher-Look attestierten. Nun wissen wir, dass diese Stimmen mit der Annahme voll ins Schwarze getroffen haben, denn Finchers Ausnahme-Thriller „Sieben“ und „Zodiac“ standen hier eindeutig Pate. Der Batman ermittelt wie ein waschechter Detektiv. Nur selten legt er das Kostüm ab, das ihm in der Unterwelt gehörig Respekt entgegenbringt, von den Kollegen vom Gotham Police Department jedoch zwiespältig beäugt wird. Immerhin haben wir es hier mit jemandem zu tun, der das Gesetzt in die eigenen Hände nimmt. So taucht der Mitternachts-Detektiv an Tatorten auf, tauscht Informationen mit Gordon aus und versucht mit Hilfe von Butler und Mentor Alfred die Puzzlestücke zusammenzusetzten.
Die Schnitzeljagd, bei der jeder neue Hinweis erst entschlüsselt werden will, ist sehr spannend geraten. Damit des Rätsels Lösung nicht zu offensichtlich wird, hat man mit dem Riddler den passenden Antagonisten am Start. Und dessen Darstellung ist nur ein weiteres Highlight des Films. Wenn Paul Dano die SM-Maske lüftet und sein Bubi-Gesicht offenbart wird, glaubt man nicht nur den ältesten Elfjährigen der Welt zu sehen, sondern auch den verrücktesten Psychopathen unter Gothams verdunkelter Sonne. Die Konfrontation des Batman mit dem Riddler ist hochintensiv. Ein Wortduell auf hohem Schauspiel-Niveau, bei dem der unberechenbare Schurke komplett freidreht, sodass es schon fast beängstigend wird. Dano ist bereits seit dem Jahr 2000 im Filmgeschäft und kann einige Hochkaräter in seiner Vita verbuchen. Zum Beispiel die Oscar-prämierten Werke „Little Miss Sunshine“, „There Will Be Blood“ und „12 Years a Slave“. Ebenso spielte er in „The Girl Next Door“, „Knight and Day“, der Comic-Verfilmung „Cowboys & Aliens“, dem Zeitreise-Thriller „Looper“ und „Swiss Army Man“. Besonders hervorzuheben ist seine Leistung im Ausnahme-Thriller „Prisoners“ von „Dune“-Regisseur Denis Villeneuve. 2018 gab er mit „Wildlife“ sein gefeiertes Regiedebüt. Außerdem schrieb und produzierte er das Drama. Dano scheint nun derart Gefallen an seiner Riddler-Rolle gefunden zu haben, dass er dem Schreiben treubleibt. Diesmal allerdings für eine sechsteilige Comic-Reihe. Für DC befasst er sich mit der Ursprungsgeschichte des von ihm portraitierten Charakters. „Riddler: Year One“ soll in den Staaten ab Oktober starten. Eine Mini-Serie, auf die man durchaus gespannt sein darf, denn die künstlerische Arbeit des Zeichners Stevan Subic spricht für sich. Sein „M.O.R.I.A.R.T.Y.: Das mechanische Imperium (SPLITTER) hat mich mit seiner realistischen, Tusche-lastigen Darstellung sehr gut abgeholt. Außerdem zeichnet Subic aktuell „Tarzan“ und wird Ende 2022 der „Conan“-Alben-Reihe (ebenfalls SPLITTER) einen Besuch abstatten.
Als ewiger Fan von Michelle Pfeiffers Catwoman aus Burtons „Batman Returns“ war ich angenehm überrascht von der aktuellen Interpretation der Figur. Da ich schon mit Anne Hathaways Version in Nolans „The Dark Knight Rises“ wenig anfangen konnte, war ich anfangs skeptisch, aber Zoë Kravitz hat mich eines Besseren belehrt. Die Tochter von Lenny Kravitz und Lisa Bonet („Angel Heart“) spielt gleichzeitig lasziv und charismatisch. Mit Katzen-artiger Gestik trifft sie stets einen anmutigen Ton, bleibt aber brandgefährlich… eine Katze eben. Die Chemie zwischen ihr und Pattinson passt perfekt, weshalb die sich unvermeidlich anbahnende Romanze nicht aufgesetzt wirkt, sondern sich stets knisternd entwickelt. Kravitz bringt bereits Superhelden-Erfahrung mit und war 2011 in Matthew Vaughns „X-Men: Erste Entscheidung“ zu sehen. Im Oscar-Gewinner „Spider-Man: A New Universe“ (aka „Spider-Man: Into the Spider-Verse“) lieh sie Mary Jane Watson ihre Stimme. Gleiches tat sie bereits ein Jahr zuvor, 2017, für „The LEGO Batman Movie“. Dort durfte sie erste Erfahrungen als Catwoman sammeln. Des Weiteren war sie Teil der „Die Bestimmung“-Trilogie, war in den ersten beiden „Potter“-Prequels „Phantastische Tierwesen“ als Leta Lestrange zu sehen und mischte an der Seite von „Mad Max“ in „Fury Road“ die Endzeit (und danach die Oscar-Verleihung) auf.
Vom Pinguin Oswald Cobblepot hätte ich in Reeves‘ Drei-Stunden-Werk gerne mehr gesehen, denn Colin Farrell („Daredevil“, „Brügge sehen … und sterben?“, „Fright Night“, „7 Psychos“) macht hinter mehreren Schichten Latex und tonnenweise Schminke einen sehr guten Job. Bin zur Unkenntlichkeit entstellt, macht seine Figur neugierig auf mehr. Als rechte Hand des Gangsterbosses Carmine Falcone, gespielt vom immer gerne gesehenen John Turturro („Barton Fink“, „The Big Lebowski“, „Das geheime Fenster“), leitet er den Nachtclub Iceberg Lounge, welchen man seit den 90ern schon aus diversen Comics und der TV-Serie „Gotham“ kennt. Krumme Geschäfte stehen dort auf der Tagesordnung, weshalb es bestimmt spannend wird, wenn wir 2023 ein wenig hinter die Kulissen des Etablissements blicken dürfen. Dann soll nämlich eine Spin-off-Serie mit und um den Pinguin erscheinen, die gerade im Auftrag von HBOmax in der Mache ist. Farrell wird darin wieder in die Rolle Cobblepots schlüpfen.
DC’sche Sequel-Pläne
Die Milliarden-Marke hat „The Batman“ zwar nicht geknackt und musste sich MARVELs Aushängeschild Spider-Man im Kampf um den Box-Office-Thron deutlich geschlagen geben. Dennoch war ein Einspielergebnis von rund 770 Millionen US-Dollar ausreichend, um einer Fortführung von Matt Reeves‘ geplanter Trilogie grünes Licht zu geben. Gut so, denn das nachtschwarze Gotham bietet sich für weitere Abstecher geradezu an. Und die Lernkurve des hier noch sehr ungestümen Batman wird mit Sicherheit noch interessante Facetten offenbaren. Etwas überraschend ist hingegen die Nachricht, dass die elffach Oscar-nominierte Charakterstudie „Joker“ von „Hangover“-Regisseur Todd Phillips nun tatsächlich in eine zweite Runde geht. Ein Film, der die Gemüter zwar spaltete, aber gut und gerne für sich allein hätte stehen können. Der (noch nicht offizielle) Untertitel „Folie À Deux“ ist ein Fachbegriff aus der Psychologie und verweist auf eine psychotische Störung, die sich auf Personen auswirkt, die in enger Beziehung zueinander stehen. Sollten WARNER und DC da etwa doch einen Bogen spannen wollen und Harley Quinn einbeziehen? Das müsste dann definitiv eine Neuinterpretation der bereits dreimal von Margot Robbie verkörperten Version werden, da Phillips „Joker“ Anfang der 80er-Jahre spielte. Da in Sachen „The Suicide Squad“ aktuell aber eh nichts weiter geplant ist, nachdem der unterhaltsame Streifen hinter den Erwartungen zurückblieb, und Regisseur James Gunn nach seinem MARVEL-Ausflug „Guardians of the Galaxy Vol. 3“ DC (nach einer erfolgreichen „Peacemaker“-Staffel) für weitere TV-Projekte zur Verfügung stehen wird, steht einer neuen Harley-Version wohl nichts mehr im Weg. Da wir uns vor verschiedenen Batman- und Joker-Versionen aktuell sowieso kaum noch retten können (Michael Keaton, Ben Affleck, Robert Pattinson / Jared Leto, Joaquin Phoenix), sollte es dennoch nicht verwundern, wenn das Studio parallel zwei Harley Quinns auf uns loslässt… zur Not zieht man einfach die „Flashpoint“-Karte, welche nach dem bereits mehrfach angekündigten Solo-Film in Zukunft wohl als Alibi-Entschuldigung für alle losen Anfänge und Enden in der DC-Filmwelt herhalten muss.
Noir in 4K
Da bis zu den angekündigten Fortsetzungen noch eine Menge Wasser durch Gotham fließt (*zwinker, zwinker*), können geneigte Comic-Freunde und -Freundinnen „The Batman“ nun aber erstmal im Heimkino erleben. Nachdem HBOmax den Kracher bereits sechs Wochen nach Kinostart, am 18. April 2022, für US-Streaming-Kunden verfügbar machte, konnte man Pattinsons Fledermaus-Debüt hierzulande zeitnah digital leihen oder kaufen. Physisch ist „The Batman“ seit dem 2. Juni 2022 erhältlich. Erwartungsgemäß flatterte der Blockbuster neben allen gängigen Formaten in allerlei Sondereditionen in die Händlerregale. Darunter selbstverständlich die noch immer beliebten Steelbooks, von denen eine 4K-Variante exklusiv beim Online-Händler AMAZON zu beziehen war. Alle UHD-Varianten beinhalten drei Discs (Film auf UHD und Blu-ray + Bonus-Disc).
Die UHD ist dann auch die Variante, die ich allen potentiellen Käufern – sofern Hardware-mäßig entsprechend ausgestattet – ans Herz legen würde. Referenz-Niveau sollte dennoch nicht erwartet werden, da der Film bereits sehr stilisiert gedreht wurde, was sich auf den gesamten Look auswirkt. Dementsprechend wirken die Farben entkräftigt, um das düstere, triste Stadtbild zu unterstreichen, während Hintergründe gelegentlich unscharf dargestellt werden. Der glasklare Fokus liegt auf der Mitte des Bildes. Im Gegensatz zur Blu-ray, die immer wieder in unnatürliche Farbstiche abdriftet, die dort nicht hingehören, ist der Schwarzwert der UHD deutlich satter. Der enorme Speicherplatz der Disc kommt dem überlangen Film deutlich zu Gute. Da der Ton sowohl in Deutsch wie auch im englischen O-Ton in wuchtigem Dolby Atmos daherkommt, gerät die Kapazität der HD-Scheibe da schnell an ihre Grenzen. Hervorzuheben ist da besonders der grandiose Score von Michael Giacchino. Wenn das atmosphärische Gewaber sich bedrohlich dem Höhepunkt nähert, sorgt das schon für reichlich Gänsehaut.
Die auf die Bonus-Disc ausgelagerten Extras sind allesamt sehenswert. Es gibt eine 53-minütige Making-of-Dokumentation, nicht verwendete Szenen sowie Featurettes zu den einzelnen Charakteren des Films und dem neuen Batmobil. Interessant ist auch der Einblick, den wir von Colin Farrell bei seiner Schmink-Tortur bekommen.
Fazit
Endlich mal ein Batman, der auf seine Ursprünge zurückgeht. Matt Reeves‘ Version des Dunklen Ritters ist verhältnismäßig unerfahren, unkontrolliert, jähzornig und innerlich zerrissen… aber auch fokussiert, selbstbewusst und sehr überzeugend, wenn es um das Finden von Antworten geht. Das Hauptaugenmerk liegt auf der Fledermaus, nicht auf dem Milliardär hinter der Maske… zumindest noch nicht. Düster, geerdet und Story-getrieben, ist „The Batman“ deutlich ernster und erwachsener als andere Comic-Verfilmungen. Trotz drei Stunden Laufzeit kommt keine Langeweile auf und der Film punktet mit dichter Atmosphäre zum Schneiden. Kein Action-Feuerwerk, dafür stilsicher und spannend inszeniert.
Wertung: 8
Fotos: © Warner
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